Aus dem Hammerwerk wird das Walzwerk

Aus Lothringen und dem Saarland kamen Kohle und Erze, Bleche verließen das Walzwerk auf der Schiene zur Kundschaft

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Die ehemalige Werksanlage wurde zügig vergrößert

Nach Jahren des Stillstandes im Hütten- und Hammerwerk, bedingt durch ausbleibendes Erz, ging Heinrich Sohler im Jahre 1888 den entscheidenden ersten Schritt zur konstanten Beschaffung und den zweiten Schritt zur Weiterverarbeitung von Erzen. Vorbei war, auf Grund dieser längst überfälligen Entscheidung, die Zeit, in der das Hütten- und Hammerwerk auf das zu geringe Vorkommen von Erzen im heimischen Kinzigtal angewiesen war.

Sohler richtete das erste Walzwerk ein, übernahm sich dabei aber finanziell so sehr, dass er zum Preis von 210000 Mark die Anlage an Friedrich Mathias veräußerte, der sich durch "Wolf, Netter und Jakobi" absicherte. Im Gegenzug räumte Mathias seinen Sponsoren das Vorkaufsrecht ein, das diese zum Jahrhundertwechsel auch einlösten. Die Firma "Wolf, Netter und Jakobi" betrieb in Bühl einen schwunghaften Handel mit Blechen und hatte sich vorgenommen, in die Produktion von Blechen selbst einzusteigen.

Unter der Leitung von Friedrich Mathias wurde Heinrich Rosenthal aus dem Sauerland als erster Werksleiter des Walzwerkes eingesetzt. Allerdings blieb er nur zwei Jahre. Es zog ihn wieder in das Werk Finnentropp, an dem die Herren Wolf, Netter und Jakobi ebenso finanziell beteiligt waren. Heinrich Rosenthal übergab die Werksleitung in Hausach seinem Sohn Franz, der mit 21 Jahren, bis zu seinem Tod im Jahre 1933, Direktor des Hausacher Walzwerkes war.

Damals wurden die Weichen zu einer für Hausach positiven wirtschaftlichen Entwicklung gestellt. Erze und Kohle kamen per Bahn aus Lothringen und dem Saarland, die Bleche verließen ebenfalls über die Schiene den Weg zu den Kunden, überwiegend im süddeutschen Raum.

Heinrich Rosenthal, der aus dem Sauerland nach Hausach gekommen war, nutzte seine Verbindung mit dem Walzwerk in Finnentropp. Er warb im dortigen Werk ab 1896 junge Walzmeister für das Hausacher Werk an. Sie brachten das "know how" und die Erfahrung mit, die dem Hausacher Werk und wohl auch dem jungen Rosenthal-Sohn Franz als Werksleiter fehlten.

Für Hausach angeworben wurden damals Carl Korreck, Emil Luke, Peter Selter und Franz Josef Sonntag, Daniel Huhn. Sie stammten alle aus kleinen Orten rund um Attendorn, in unmittelbarer Nähe zum Werk Finnentrop. Später folgten weitere Fachkräfte nach Hausach. Das Walzwerk lief gut, wovon alle im mittleren Kinzigtal profitierten. Ganze Güterzüge mit Kohle und Platinen und Erzen kamen an, Güterzüge mit den in Hausach hergestellten Blechen verließen auf demselben Weg das Werk.

Bevor jedoch die Bleche das Werk verlassen konnten, war der fleißige, schweißtreibende Einsatz der Walzmeister und ihrer Helfer gefordert. Hart war ihre Arbeit, durften doch die Öfen nie ausgehen und die Walzen nicht still stehen. An jeder Walze standen vier Männer: Zwei vorne, zwei hinten. Sie fingen mit Zangen die Bleche, die aus den Platinen gefertigt wurden auf. Dies solange, bis die gewünschte Blechstärke erreicht war.

Im Jahre 1902 hatte das Walzwerk den Bahnanschluss mit Drehscheibe im Betriebsgelände, zum Kohlen- und Platinenlager, aus denen die Bleche gewalzt wurden, wie zum Versand der Bleche. Für die Stadt Hausach und die Werksangehörigen begann durch die wirtschaftliche Blütezeit zur Jahrhundertwende eine solide Entwicklung mit gesicherten Arbeitsplätzen und bescheidenem, aber solidem Wohlstand.

Quelle: Helmut Selter
Textl.Überarbeitung, digit.Gestaltung Bernd Schmid, Foto: städt. Archiv