Der bevorstehende Krieg fordert Opfer
Ein hoher Anteil von Kriegsopfern unter den Ministranten
"Weg von der Kirche, hin zur Partei!"
Als sich zum Jahreswechsel 1936/37 die Hausacher Ministrantenschar dem Fotografen stellte, konnte noch niemand wissen, welch grausiger Blutzoll der bevorstehende Krieg gerade aus dieser Gruppe, die sich dem Dienst am Altar verpflichtet fühlte, einfordern würde.
Zum Zeitpunkt der Aufnahme des Fotos der Hausacher Ministrantenschar vor dem schönen Hochaltar der Stadtkirche erahnten nur wenige "unter der Burg" das bevorstehende Inferno des 2. Weltkrieges. Dass von diesen 17 jungen Ministranten allein 7 junge Menschen den Irrweg der NS-Ideologie mit dem Leben zu bezahlen hatten, war noch zu wenig erkennbar und vorhersehbar.
Vielleicht lässt sich so die Begeisterung vieler junger Menschen bezüglich der Angebote der NS-Jugendarbeit verstehen. Die wenigen Bürger, die die Instrumentalisierung der jungen Hausacher durch die Nationalsozialisten erkannt hatten, oder gar, wie Stadtpfarrer Brunner, den Trend "weg von der Kirche, hin zur Partei" öffentlich thematisierten, wurden überhört, diffamiert oder gleich in Schutzhaft genommen.
Dass gleich vier der oben gezeigten Ministranten auch im örtlichen NS-Fanfarenzug vor der Stadtmusik hermarschierten, mag ein Beleg dafür sein, wie sorglos und bereitwillig die neuen politischen Vorstellungen von der großen Mehrzahl der Hausacher akzeptiert wurden.
Für das technische Können und das schmale Programm der jungen Hausacher Musiker sorgte Gustel Spinner (Schloss-Str.), der auch in der Stadtmusik eine Piccoloflöte spielte. Unterstützend stand ihm der Zollbeamte Lauber zur Seite, dessen Sohn Artur ohne Instrumentalkenntnisse den Taktstock heben und senken durfte. Im Kohlenkeller der heutigen Graf-Heinrich-Schule wurde so lange geübt, bis endlich der erste Marsch "gepfiffen" und "marschiert" werden konnte.
Erst wenn der Echle Fritz mit dem dreifachen rhythmischen Schlag auf der großen Trommel das "Pfeifkonzert" der vorneweg marschierenden Jungen des Fanfarenzuges beendet hatte, sorgte die Stadtmusik mit weiteren Märschen für die notwendige Aufmerksamkeit im Blick auf die nun folgenden NS - Redner.
Jeder Zweifel an der Glaubwürdigkeit der danach immer forsch auftretenden Partei-Funktionäre erstickte im ebenso forschen Gleichschritt der festlichen Marschmusik.
Eine öffentliche inhaltlich kritische Auseinandersetzung mit den neuen so "hoffnungsvoll" klingenden NS-Parolen war ohne Gefahr für Leib und Leben nicht mehr möglich, die kollektive Kompetenz der ethisch-moralischen Verantwortung schien überflüssig oder nicht mehr gefragt zu sein. Dennoch, mancheiner wirkte auch in Hausach weiterhin mutig gegen den "braunen Trend" .
Text/Gestaltung: Bernd Schmid / Bild: Alfons Streit / Zeitzeuge: Bernhard Eisenmann