Der bevorstehende Krieg fordert Opfer

Ein hoher Anteil von Kriegsopfern unter den Ministranten

"Weg von der Kirche, hin zur Partei!"

Als sich zum Jahreswechsel 1936/37 die Hausacher Ministrantenschar dem Fotografen stellte, konnte noch niemand wissen, welch grausiger Blutzoll der bevorstehende Krieg gerade aus dieser Gruppe, die sich dem Dienst am Altar verpflichtet fühlte, einfordern würde. 

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Von li. vorne : Alfred Uhl, gefallen 15.01.1945, Franz Geiger, gefallen am 26.06.1944, Johannes Winterer, lange Gefangenschaft, Bernhard Eisenmann, Ewald Geisler gest. in der Gefangenschaft, Fritz Mayer, schwere Kriegsverletzung,
Mitte vo. li.: Otto Waidele (Metzgerei), gefallen am 06.07.1944, Martin Winterer, Franz Heine gefallen 30.08.1944, Edgar Streit,
Hintere Reihe vo. li.: Kaplan Ernst Würth, Norbert Lehmann, Edmund Gaiser, gefallen 1944, Josef Eisenmann, Alex Berghoff, Fridolin Schoch, schwere Kriegsverletzung, Heinrich Geiger gest. 1946 in russischer Gefangenschaft, Hermann Ecker, Stadtpfarrer Heinrich Brunner.

Zum Zeitpunkt der Aufnahme des Fotos der Hausacher Ministrantenschar vor dem schönen  Hochaltar der Stadtkirche erahnten nur wenige "unter der Burg" das bevorstehende Inferno des 2. Weltkrieges. Dass von diesen 17 jungen Ministranten allein 7 junge Menschen den Irrweg der NS-Ideologie mit dem Leben zu bezahlen hatten, war noch zu wenig  erkennbar und vorhersehbar.

Vielleicht lässt sich so die Begeisterung vieler junger Menschen bezüglich der  Angebote der NS-Jugendarbeit verstehen. Die wenigen Bürger, die  die Instrumentalisierung der jungen Hausacher durch die Nationalsozialisten erkannt hatten, oder gar, wie Stadtpfarrer Brunner, den Trend "weg von der Kirche, hin zur Partei" öffentlich thematisierten, wurden überhört, diffamiert oder  gleich in Schutzhaft genommen.

Dass gleich vier der oben gezeigten Ministranten auch im örtlichen NS-Fanfarenzug vor der Stadtmusik hermarschierten, mag ein Beleg dafür sein, wie sorglos  und bereitwillig  die neuen politischen Vorstellungen von der großen Mehrzahl der Hausacher akzeptiert wurden.    

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Vorne vo. li.: Alois Schmid, Dietersbach, Franz Schweizer, Willi Waldvogel, Erwin Ilg (Schreiner), Helmut Wagner, Artur Lauber (Stabführer/Dirigent)
Hinten von li: Willi Kohmann, Bernhard Eisenmann, Alfred Uhl, Willi Sonntag, Fritz Mayer, Norbert Lehmann 


Für das technische Können und das schmale Programm der jungen Hausacher Musiker sorgte Gustel Spinner (Schloss-Str.), der auch in der Stadtmusik eine Piccoloflöte spielte. Unterstützend stand ihm der Zollbeamte Lauber zur Seite, dessen Sohn Artur ohne Instrumentalkenntnisse den Taktstock heben und senken durfte. Im Kohlenkeller der heutigen Graf-Heinrich-Schule wurde so lange geübt, bis endlich der erste Marsch "gepfiffen" und "marschiert" werden konnte.

Erst wenn der Echle Fritz mit dem dreifachen rhythmischen Schlag auf der großen Trommel das "Pfeifkonzert" der vorneweg marschierenden Jungen des Fanfarenzuges beendet hatte, sorgte die Stadtmusik mit weiteren Märschen für die notwendige Aufmerksamkeit im Blick auf die nun folgenden NS - Redner.

Jeder Zweifel an der Glaubwürdigkeit der danach immer forsch auftretenden Partei-Funktionäre erstickte im ebenso forschen Gleichschritt der festlichen Marschmusik.

Eine öffentliche inhaltlich kritische Auseinandersetzung mit den neuen so "hoffnungsvoll" klingenden NS-Parolen war ohne Gefahr für Leib und Leben nicht mehr möglich, die kollektive Kompetenz der ethisch-moralischen Verantwortung schien überflüssig oder nicht mehr gefragt zu sein. Dennoch, mancheiner wirkte auch in Hausach weiterhin mutig gegen den "braunen Trend" .

Text/Gestaltung: Bernd Schmid / Bild: Alfons Streit / Zeitzeuge: Bernhard Eisenmann