Die stadteigene Handarbeitsschule

Strohhut- und Hosenträgerfabrik schaffen Arbeitsplätze für Frauen und Mädchen

Die Produktion vielfältiger Kopfbedeckungen aus Stroh (Strohhutfabrik), sowie die Herstellung der unterschiedlichsten Produkte aus Leder und Textilien (Hosenträgerfabrik) erforderte vor allem in Hausach weibliche Handfertigkeit. So lag es nahe, dass viele schulentlassene Mädchen eine Ausbildung als Näherin oder eine Beschäftigung in den örtlichen Produktionszweigen anstrebten.

Eine Gruppe Hausacher Bürgerinnen gründeten daher am 1. April 1921 die stadteigene Handarbeitsschule, die im hellsten Raum des Rathauses (heute Sitzungssaal) eingerichtet wurde. Zu dieser weiblich besetzten Schulkommission gehörten unter dem üblichen Vorsitz des Bürgermeisters (Moog) Frau Fidel Renner, Frau Mathilde Müller, Frau Rosenthal, Frau Vieser, Frau Balbine Stehle (Näherin), die Ehefrauen des Ratschreibers Stehle und des Lehrers Schwarzhans, Frl. Luise Zapf (später Letzeisen), Frau Rist, Frau Ellner und die Handarbeitslehrerin Frl. Magdalena Beck. Als unterstützende Fachkraft, wurde als ständige Lehrerin eine Ordensschwester aus Hegne angestellt.

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Die Hausacher stadteigene Handarbeitsschule gruppierte sich vor dem Bild der Großherzogin Luise von Baden. Sie war Gründerin des „Badischen Frauenvereins“, der in Baden federführend Kurse und Schulung der Hauswirtschaft organisierte. 

Es könnte daher möglich sein, dass diese engagierte Frauengruppe der Schulkommission auch dem „Badischen Frauenverein“ angehörte, der nach dem 1. Weltkrieg zunehmend Vorläufervereinigung der Rotkreuz-Schwesternschaft war.

Ziel der Hausacher Handarbeitsschule war es, schulentlassene Mädchen im Hand- und Maschinennähen und „Kleidermachen“ zu unterrichten. Flicken, Stopfen, Weiß- und Buntsticken förderten über die Freude am nützlichen hauswirtschaftlichen Ergebnis vor allem auch die Fähigkeiten der Feinmotorik und Ausdauer.

Die kleine Hausacher Schule vermittelte nach 10 - monatiger Lehrzeit bis 1923 per Lehrzeugnis sogar die berufliche Qualifikation der „Weißzeugnäherin und Kleidermacherin“.

Die Nachfrage der schulentlassenen weiblichen Jugend, auch aus den Nachbarorten, war so groß, dass Halbtags- Ganztags und Abendkurse eingerichtet wurden, für die die Stadt angemessen Kursgebühren erhob.

Vom 10.-12. April 1927 beteiligte sich die Handarbeitsschule an einem evaluativen Wettbewerb, dessen Ergebnisse im Hausacher großen Volksschulgebäude zu sehen waren. Dem Wettbewerb, der vom Kreisschulamt Offenburg ausgerichtet war, stellten sich 16 Fortbildungs- und 4 Privatschulen mit über 1000 Exponaten. Die Arbeiten der Handarbeitsschule Hausach wurden bewertet: „Fleißige, sehr gute Arbeiten“

Die Hausacher Handarbeitsschule für junge Frauen war mit Ausnahme des Kriegsjahres 1945 bis 1953 in Betrieb. Danach wurde sie mit dem Fach „Handarbeit“ in den Betrieb der Volksschule integriert, wenn auch der Handarbeitsraum im Rathaus blieb. Letzte Fachlehrerin war im Jahr 1964 Schwester Oringa, die wie die Krankenhaus-Schwestern ihre weiße "Dienst" -Kleidung trug.

Text: Bernd Schmid Quelle: Städt. Archiv