Einweihung durch Weihbischof Friedr. Justus Knecht

16. Juni 1896, die "Missa tertia" von H.L. Hassler (1564-1612)

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Fridolin Stehle, auch "Limbecker Fridel" genannt

Es war ein erhebender Augenblick für den Organisten und Kirchenchordirigenten Fridolin Stehle, als er nach der Weihe der neuen Stadtpfarrkirche am 16. Juni 1896 von Bischof Dr. Justus Knecht bei der anschließenden weltlichen Feier im »Hirsch« an dessen Tisch gebeten wurde.

Vor allen Festgästen lobte Justus Knecht öffentlich die beeindruckenden Fähigkeiten des Hausacher Kirchen- musikers. Die von ihm gehörten Leistungen der Chorgemeinschaft, so führt der Weihbischof in seiner Dankadresse weiter aus, überstiegen die eines Kirchenchores bei weitem und wären eines Domchores würdig.

Beim Empfang des hohen Gastes sang der Chor am Abend des Herz-Jesu-Festes das "Ecce sacerdos magnus" von Anton Bruckner, während beim Pontifikalamt anlässlich der Konsekration der neuen Kirche die "Missa tertia" von Hassler erklang. Für den Organisten und Dirigenten bedeuteten die sich über drei Tage hinziehenden Feierlichkeiten die erste große Bewährungsprobe. Er hatte nämlich die beiden Ämter erst zu Beginn des Jahres 1896 aus der Hand des greisen Oberlehrers Jakob Brand übernommen.
Die Musikalität lag dem "Limbecker" Fridle - seine Vorfahren stammten vom Limbacher Hof im Hauserbach - in den Adern.

Auf seine Aufgabe als erster Organist in der neuen Stadtpfarrkirche hatte sich Fridolin Stehle gründlich vorbereitet. Zunächst führte ihn sein Bruder Karl auf den Weg zur "musica sacra". Dann aber zog er auf die kirchliche Musikschule in Freiburg, wo ihn Professor Hoffner und Domkapellmeister Schweitzer weiter förderten. Auch der bekannte Komponist vieler Marienlieder, Pater Dominicus Johner, griff dort dem Hausacher unter die Arme.

Dieses musikalische Rüstzeug war notwendig, denn Erzbischof Roos führte nicht nur das neue »Magnificat« ein, sondern verpflichtete auch zur Pflege des »lateinisch-liturgischen Kirchengesangs«. Als der neue Organist das erste Hochamt spielte, bestätigte ihm anschließend ein Einbacher Bur: »Stehle, do häsches aber reiche (rauche) gloßt

An den Hochfesten führte der Kirchenchor lateinische, an gewöhnlichen Sonntagen deutsche Messen auf. Doch der Organist musste auch am Werktag jeden Morgen auf dem Orgelbock sitzen. Vor allem im Winter machte ihm die kalte Kirche zu schaffen, nur an Weihnachten wurde einmal geheizt. Doch dann erfüllte der Ofenrauch mehr als der Weihrauch das Kirchenschiff, so dass der Rauchhusten im Wettstreit mit dem Kirchenchor lag. In der Adventszeit mussten sogar zwei "Rorateämter" ("Tauet" Himmel den Gerechten) mit Musik verschönt werden. In der Zwischenzeit eilten seine Kinder schnell auf die Orgelempore, um den frierenden Vater mit heißer Milch zu stärken. Seine große Kinderschar legte dann auch das Geld zusammen, um ihm ein elektrisches Heizgerät zu kaufen.

1919 übernahm Fridolin Stehle den früheren »Hirsch« und führte ihn mit dem neuen Namen »Ratskeller« als Wirt weiter, wenig später sollte er auch der Stadt als Ratschreiber dienen. Jahre darauf war allerdings für den kirchentreuen Organisten bei den "braunen Machthabern" kein Platz mehr auf dem Rathaus. Nach über 50 Jahren aufopferungsvoller Tätigkeit übergab der "Limbecke Fridel« 1947 hochbetagt den Orgelschlüssel und Dirigentenstab an Lambert Timmer weiter.

 

Text/Bild: Helmut Selter
Dig.Bearb. Bernd Schmid