Hausacher Heimatbrief der NSDAP-Kreisleitung
an „unsere lieben Soldaten Hausach-Einbach“
Die Kreisleitungen der NSDAP waren beauftragt, in den Kriegsjahren Heimatbriefe für die Soldaten an der Front zu gestalten. Sie galten als Bindeglied zwischen der Front und der Heimat. Vor allem sollten die Briefe die Soldaten auf das jeweilig bevorstehende Weihnachtsfest einstimmen und den Eindruck vermitteln, dass im Heimatort das Leben noch erträglich sei. Verantwortlich für den Hausacher Heimatbrief waren der „Kreisschrifttumsbeauftragte“ Hans Joachim Hausberg, der in der Hausacher NSDAP-Ortgruppe für Kulturelles zuständige Eugen Falk und der für die „Heimatgschichte unseres Städtle“ s zuständige Lehrer Karl May aus Fischerbach. Der Druck erfolgte über das „Schwarzwälder Tagblatt“.
Im wörtlich übernommenen Begrüßungstext werden Banalitäten aneinander gereiht. Der Hausacher Schreckensruf „D`Glocke kumme furt“ fand keine Erwähnung.
"Liebe Kameraden
In des Schwarzwalds schönster Jahreszeit schreiben wir an diesem Brief, mit dem Euch die Heimat, alle die Euch so lieben Menschen von Hausach und Einbach liebe Grüße übermitteln. Herbstzeit ist`s! Altweibersommer, so strahlend,so sonnig und bunt wie er selten war. Wie herrlich schön ist doch unsere Schwarzwaldheimat - zu jeder Jahreszeit. Doch das Jahr neigt sich dem Ende zu, und es ist daher an der Zeit, Euch in großen Zügen zu erzählen, was sich in diesem Jahr so tat in Hausach und Einbach. Als wir hierüber sprachen und berieten im engen Kreis meinte man, es sei ja gar nichts passiert (das heißt hier in unserem lieblichen Kinzigtal) und das Schreiben ware bald geschehen. Aber Ihr seht Kameraden an dem "Riemen" der sich hieran anschließt, es ist doch noch ziemlich viel zusammengekommen.
Da wäre zunächst unser Kino, in dem Ihr uns durch die dort allwöchentlich gezeigten Wochenschauen besonders nahe seid. Insbesondere unsere Frauen und Madchen sind ganz dabei und passen auf, ob sie nicht das Gluck haben, das liebe Gesicht des Liebsten dort einmal zu entdecken.
Daß wir jetzt in Hausach und Einbach großen Besuch aus dem Westen bekommen haben, das wißt Ihr wohl bereits. Unsere Volksgenossen aus Westfalen sind bestimmt in Ordnung, wenn's auch anfangs nicht so leicht war mit der Umstellung. Aber der Mensch ist halt ein Gewohnheitstier und man gewöhnt sich an alles. Besonders, wenn guter Wille mit dabei ist. Aber eines ist sicher: Die Schwarzwälder und die Westfalen ergeben eine ganz gesunde Mischung!
Freuen werdet Ihr Euch sicher, wenn Ihr hört, daß uns der Klapperstorch rege besucht hat in diesem Jahr. Schon fünfzigmal bis heute hat er den Hausachern ein kleines „Schwarzbrot" in die Wiegen gelegt. Dabei waren es im ganzen Jahr 1942 auch 42 Geburten. Ulkig nicht? In Einbach dagegen wurden im ganzen Jahr 1942 15 Erdenbürger zur Welt gebracht, während in diesem Jahr bis heute schon 12 Kinder zur Welt kamen. Bis Ende dieses Jahres werden wir also einen netten Vorsprung haben gegenüber dem Vorjahr. Daran seid Ihr, liebe Kameraden, nicht ganz unschuldig. Na, jetzt wird mancher lächelnd schmunzeln... Aber wenn ein Volk weiterleben will, wenn es seine Ewigkeit sichern will, dann müssen Kinder geboren werden. Und für Euere Kinder steht Ihr ja auch draußen.
Wenn auch ab und zu die bösen Flieger über uns hinwegbrummen, so hat's bis jetzt gut gegangen (Unberufen! Toi, toi, toi!). Es hat aber auch jede Familie ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit zu tun und für gute Verdunklung zu sorgen. Aber wie Ihr wißt, gibt's überall „räudige Schafe" und auch bei uns sind es verschiedene Volksgenossen, die absolut nicht begreifen wollen, wie sie durch schlechte Verdunklung das Leben und die Wohnstätten ihrer Mitmenschen gefährden. Nun kommen die Verdunklungssünder namentlich an das Schwarze Brett und der elektrische Strom wird ihnen für eine Zeitlang entzogen. Wir sagen Euch, Kameraden, das zieht!
Wenn auch im Krieg jetzt alles hinter der Rüstung zurückstehen muß, damit Ihr draußen genügend Waffen und Munition habt, so ist es doch gelungen, in diesem Jahr eine Siedlung mit 16 schönen Werkswohnungen für Mannesmann an der Klostermatte fertigzustellen. Für das geistige Wohl wird auch - oder gerade in Kriegszeiten - prima gesorgt. Die Volksbücherei in Hausach ist um 200 gute Bücher bereichert worden. Eine Firma, die sich bei uns niedergelassen hat, spendete 1000 RM für kulturelle Zwecke. Wir werden dafür eine schöne Bibliothek für das Krankenhaus, die dort schon so lange von unseren Kranken vermißt wurde, zusammenstellen. Die in unserer Gemeinde veranstaltete Büchersammlung für Euch, Kameraden, hat vollen Erfolg gehabt. Einige hundert gute Bücher wurden abgegeben. Ihr seht, wenn es für die Front gilt, ist die Heimat stets zur Stelle.
Daß wir jetzt eine Milchzentrale in Hausach haben, eine überaus segensreiche Einrichtung, werden Euch ja schon Eure Frauen und Mütter erzählt haben. Daß dieses Werk noch im vierten Kriegsjahr zustande kam, ist nur der unermudhchen Tatkraft aller hieran beteiligten Stellen zu verdanken. Modernste Maschinenanlagen sorgen für hygienische und zweckentsprechende Bearbeitung der Milch.
Die Ernte war auch bei uns so gut wie lange nicht. Der Obstsegen in Hausach und Einbach war außerordentlich groß. Die Einbringung der ganzen Ernte hat wieder vorzüglich geklappt. Alle, ob Euere Frauen, die hier noch verbliebenen Männer, ja selbst Euere Kinder, Euere Schwestern und Brüder haben tüchtig mitgeholfen. Der Kirsch, das „Criesewässerli und das Zwetschgenwasser sollen heuer ganz besonders gut werden. In den Weihnachtspäckchen von Eueren Angehörigen werdet Ihr sicher manches Fläschle "Frischgebrannten" finden. Auch wir sind dabei, Euch zu Weihnachten wieder eine Freude zu bereiten. Die Hosenträgerfabrik Schmieder und die Zigarrenfabrik Krämer haben freundlicherweise ihre Mithilfe zugesagt. Na, mehr dürfen wir heute nicht verraten. Auch über Euere Angehörigen braucht Ihr Euch wirklich keine Sorgen zu machen.
Parteistellen und Gemeinde wetteifern miteinander in der Betreuung. In der Ortsgruppe der NSDAP ist eigens nur für diesen Zweck ein Wehrmachtsbetreuer eingesetzt. Und daß wir uns der Hinterbliebenen von gefallenen oder verstorbenen Kameraden in ganz besonders liebevoller Weise annehmen, ist an sich selbstverständlich und braucht eigentlich gar nicht an dieser Stelle besonders hervorgehoben werden. Und doch tut es Euch gut, Kameraden, wenn Ihr das wieder hört und bestätigt findet; und unbeschwert könnt Ihr darum draußen Eure harte Pflicht erfüllen.
Nun noch eine Bitte zum Schluß. Tut uns doch den Gefallen und meldet der Ortsgruppe und den Gemeinden, wenn Ihr befördert oder ausgezeichnet werdet. Wir sind ja so stolz auf Euch und wollen uns alle mit Euch freuen und vor allem aber die Möglichkeit haben, hierzu von Herzen zu gratulieren. Diese Angaben benötigen wir aber auch für unser Ehrenbuch über den jetzigen Krieg, das die Ortsgruppe führt.
Und dann noch eines: Schreibt uns, d. h. der Ortsgruppe und der Gemeinde, doch ab und zu einmal. Die Bevölkerung nimmt so regen Anteil daran, wie es unseren Soldaten draußen ergeht. Auf diese Weise haben wir Gelegenheit, bei Zusammenkünften und Sprechabenden über Euere Kampferlebnisse und was sich sonst bei Euch zuträgt, zu berichten und damit auch das Gefühl der Verbundenheit zwischen Front und Heimat zu stärken.
Sicher wird Euch dieser Heimatbrief Freude machen. Nehmt ihn, was er sein soll, als Gruß aller Hausacher und Einbacher an Euch draußen an den Fronten, überall, wo Ihr seid, sei es hier irgendwo in der Heimat, im Osten und im Westen, am Atlantikwall und auf den Meeren, im sonnigen Süden oder im hohen Norden, überall, wo Ihr seid, will die Heimat Euch sagen, wie verbunden sie sich mit Euch fühlt.
Wir wünschen Euch allen alles Gute. Kommt gesund wieder heim. Und ganz besonders schön wäre es, wenn wir diesen oder jenen von Euch bald oder sogar vielleicht an Weihnachten, in Urlaub in der Heimat begrüßen könnten.
Hans Joachim Hausberg, Kreisschrifttumsbeauftragter der NSDAP, Kreis Wolfach"
Heimatbrief aus dem Archiv Helmut Selter / Text u. digit. Gestaltung Bernd Schmid