Neugründung der Hausacher Narrenzunft
Fastnacht im Spiegel der Ortsgeschichte
Das Hausacher Narrentreiben steht für Lebensfreude und Geselligkeit
Wie alt die „Husacher Fasent“ genau ist, würden unsere Narren selbst gerne wissen. Nach den alten Narrenzeichen von 1954 spekulieren die Verantwortlichen auf das Jahr 1704. Im gleichen Jahr plagte das Kinzigtal ein eiskalter Winter. Französische Soldaten hatten das Städtle verwüstet und Pfarrer Schmidt beklagte, dass seinem Pfarrhaus alle Fensterscheiben und Schlösser herausgerissen wurden. Das Abzeichen 175 Jahre Narrenfreiheit verweist auf das Jahr 1788. Tatsächlich gaben sich zu Beginn der französischen Revolution deren Emissäre alle Mühe, um ihre Grundsätze von „Freiheit und Brüderlichkeit“ auch jenseits des Rheins zu verbreiten. Dennoch stand in der damaligen Zeit niemandem der Kopf nach Fastnacht.
Immerhin ist belegt, dass schon im 16. Jahrhundert die Fastnacht durch die Kinzigtäler Landordnung des protestantischen Grafen Wilhelm von Fürstenberg untersagt wurde: Narrentreiben sei eine "heidnische Onsinnigkeit". Danach ist das Fastnachten schon mehr als ein halbes Jahrtausend alt !
Sowohl der protestantische „wilde Graf“ Wilhelm wie auch der ältere katholische Husacher Graf Heinrich VI bevorzugten das "gewalttätige, zügellose, unmäßige und verschwenderische Leben des eher verrufenen Ritter - Standes. Das gehörte zum Turnier- und Kriegshandwerk. Ausgelassene Feierlichkeiten waren eines der vielen Privilegien, die der Adel nur für sich selbst beanspruchte. Graf Heinrich liebte die Einladungen des Ortenberger Jörg von Bach zu ausgelassenem fastnachtlichem Treiben in der Ortenau und in Straßburg. Häufig verschickten die Ausrichter solcher Treffs den adligen Herrschaften „Hofkleider“, nach deren Stil sich die Geladenen schmücken sollten. Das Kostümieren und Verkleiden gehörte zur Festlichkeit eines närrischen Turniers, das damals wie heute bevorzugt vor der verordneten Zeit des Fastens und der Buße genutzt wurde.
Mit dem Fastnachtsbrauchtum im Kinzigtal verband sich für die einfache städtische- und ländliche Bevölkerung das Austreiben der bösen Geister winterlicher Dunkelheit. In die furchterregenden Geräusche des Schlagens auf Eisen und des Klapperns mit Holz mischte sich das Rufen, Schreien und Jammern der Menschen, die sich nach dem winterlichen Frost die wärmende Sonne des Frühlings herbei sehnten. Womöglich selbst Opfer dieser heidnisch-winterlichen Geister zu werden, steckte damals in den müden Knochen vieler Menschen, die sich mit ihren kargen Lebensbedingungen täglich neu arrangierten. Auf diese existentielle Erfahrung geht möglicherweise das fastnachtliche Brauchtum der „Katzenmusik“ zurück, die sich bis heute in der Dunkelheit des Abends und Morgens mit höllischem Lärm durch die Straßen des Hausacher Städtles bewegt.
Hexenwahn, Krankheit, Pest, Krieg und Hunger stärkten die Sehnsucht nach der wärmespendenden Zeit der Aussaat und der Ernte. An üblen Erfahrungen, denen sich niemand entziehen konnte, fehlte es nie. Graf Albrecht hatte 1590 die Ausrottung der Kinzigtäler Hexen angeordnet. Über 30 Unschuldige wurden dem Feuer übergeben. Dass sich nun gegen Ende des 19. Jh. ausgerechnet Hexen zur Leitfigur des Fastnachtsbrauchtums entwickelten, mag neben anderen Ursachen daran liegen, dass immer schon versucht wurde, den Teufel mit dem Belzebub auszutreiben.
Gegen Ende des 19. Jh. begann in den Städten Wolfach, Haslach und Hausach auch die Zeit der Fastnachtsspiele. Knapp 50 Jahre nach den leidvollen Erfahrungen mit der großen Auswanderungswelle nach Amerika, waren die Husacher 1896 bereit, die damalige Erfahrung des endgültigen Abschieds auch ein wenig positiver durch die Narrenbrille zu betrachten. So war „ Die Entdeckung Amerikas“ eines der ersten Husacher Fastnachtsspiele. – Der Hausacher Schulmeister Bredelin, der seine jungen Schüler in den beiden Schulstuben über dem Geklapper der Stadtmühle unterrichtete, schrieb für die Wolfacher Fasent „die Altweibermühle von Trippsdrill“ Die Haslacher spielten schon 1876 das Stück „die Weibertreu von Weinsberg“.
Die Abgabe einer „Fastnachtshenne“ der Hofbauern als Obolus an die Herrschaft ist seit dem 15. Jh. aufgezeichnet. Aus dem Jahr 1840 ist ein Dokument archiviert, nach dem 47 „ledige Purschen“ freiwillig den Betrag von 7 Pfund 24 Kreuzer in den Hausacher Armenfond zahlten. Gegen Auflage gewährte ihnen der Gemeinderat damit das Recht des „Maskenlaufens“. Gegen Ende des 19. Jh. beantragen die Bürger der Kinzigtalstädte beim Oberamt in Wolfach das Recht, während der „Faßtnachtstage“ sich mit „Larven“ und Kostümen verkleiden zu dürfen. Auch das Badische Oberamt stimmte zu, schließlich konnten dafür Steuern erhoben werden.
In Haslach, so berichtet Heinrich Hansjakob in seinem Buch „Bauernblut“, seien gegen Ende des 19 JH. die „Hansele“ durch alle Straßen gesprungen. Die „Husacher Hansele“ mit ihren einfachen, brettartigen Masken schmückten ihr Kostüm dagegen fröhlich, bunt mit den großherzoglich badischen Farben und bewaffneten sich mit einer „Saubloder“.
Pfarrer Emil Engesser bestätigte in seinen Aufzeichnungen aus der Volksschulzeit, dass zu Beginn des 20 Jh. „Husacher Hansele“ und „lustige Spiele“ zur Fastnacht gehörten. – Es ist schon ein beeindruckendes Erlebnis zu sehen, wie unzählige Hansele, angeführt vom Träger des „Bretschelbaumes“ den sonntäglichen Fastnachtsumzug eröffnen.
Die „Spättle Madlee“, die urige Hausacher Hexen – Gestalt ist lange nicht so alt, wie sie aussieht ! – Die Spättles gibt es seit 1948, der Wiederbelebung der Hausacher Narrenzunft nach den Wirren des 2. Weltkrieges. -
Die eigentliche Fastnachtszeit beginnt für die Hausacher mit dem 11. November. Von diesem Zeitpunkt an „goht`s dagege“: Die wichtigen Ereignisse der 5. Jahreszeit stehen unmittellbar vor der Tür. „Die Blauen“ als die verantwortlichen Narrenräte planen und organisieren die Details des Schnurrens und des wohltätigen Burgfrauen-Kaffees. Alles kulminiert in der Katzenmusik, der „Elfimess“, dem Bürgertreff, den Zunftbällen und dem großartigen Fastnachtsumzug am Sonntag vor der Fastenzeit.
Die wichtigen Elemente der Hausacher Narretei haben sich seit der Mitte des 2. Jahrtausends aus der Ortsgeschichte entwickelt: Durch die Aufhebung der bürgerlichen Macht des Rathauses durch die Schlüsselübergabe an die Narren wird Hausach zu einer wahren Narrenstadt: Die Narrenpolizei mit ihrem Anspruch auch das Ungeordnete bestens im Griff zu haben, regelt den Verkehr. Die „Katzenmusik“ als die Verkünder einfachster närrischer Lebenswahrheiten wie „Hoorig isch die Katz“, zieht bei Fackelschein durchs dunkle Städtle . Das „Schnurren“ aus der Spielfreude und dem fastnachtlichen Rügerecht der (Hof)narren geboren, bereitet mit deftigem Humor, immer wahrheitsgetreu die lustigsten Ereignisse des Jahres auf. Dem Maskenlaufen und Verkleiden, dem Wunsch einmal völlig anders zu sein, können sich nur wenige entziehen.
Die Narretei gehört zu Hausach. Sie leistet seit Jahrhunderten ihren wertvollen kulturellen Beitrag zum frohen Miteinander der Bürger unserer Stadt. Die große Mehrheit der Hausacher genießt das ausgelassene Treiben in den Straßen und Wirtschaften. Fastnacht ist Lebensfreude und Geselligkeit.
Text und Gestaltung: Bernd Schmid