Polnische Kriegsgefangene und Zivilarbeiter in Hausach

Polnische Zwangsarbeiter in Hausach: Die Gruppe "Wider das Vergessen" war auf Spurensuche

1939 D01 P Stern 01

"Ihr sollt daraus erkennen: Wer arbeitet hat es gut in Deutschland, wer nicht arbeiten will, wird dazu gezwungen, wer sich gegen die deutschen Kriegs und Sittengesetze vergeht, wird aufgehängt. 

2003 beschloss die Gruppe um Norbert Baumann (Manfred Schoch, Heinz Welschbach, Günter Rosemann) über Zwangsarbeiter zu recherchieren. Unter dem Titel "Bevor Vergangenheit vergeht!" trugen sie in einer eigenen Schrift ihre Ergebnisse zusam- men und informierten die Hausacher Öffentlichkeit über die Lokalpresse und eine eigene Ausstellung.

"Noch vor Einführung des Judensterns" im besetzten Polen (September 1939) seien polnische Arbeitskräfte "durch das P-Abzeichen stigmatisiert und durch den "Polenerlass" stark diskriminiert" worden. Ab 1939/40 hatte Polen ein Kontingent von 1,7 Millionen Arbeitskräften zu stellen, das überwiegend in der Landwirtschaft und teilweise auch in Gaststätten eingesetzt war.

Die polnischen Hilfskräfte erlebten in Hausach überwiegend herzliche Aufnahme, zumal ja auf den Höfen durch den Kriegsdienst männliche Arbeitskräfte fehlten. Dennoch wird den polnischen "Gastarbeitern" auf dem Plakat "Polacy" (re) unmissverständlich mit der Todesstrafe bei Verweigerung gedroht. Ab 1941 wurden die polnischen Arbeitskräfte, vor allem in der industriellen Fertigung, durch ein großes Kontingent (fast 2,8 Millionen im ganzen Reich) an Russen, Ukrainern und Weißrussen ersetzt. Für die Polen entfiel die Bewachung, da sie, aus der Gefangenschaft entlassen, nun als Zivilarbeiter in der Landwirtschaft geführt wurden.

Beispielgebend werden in "online-chronik" drei Zeitdokumente polnischer Arbeitskräfte dargestellt, die uns die Gruppe "Wider das Vergessen" zur Veröffentlichung überließ. Es handelt sich um polnische Bürger, die nach Hausach zurückkehrten, um sich mit ihren ehemaligen Bezugspersonen in Hausach zu treffen:

Zofla und Stanislaus Szmela Domaradz JKrosno (Polen)
1939/1942 - 1945 im Osterbach
Seit 1939 war ihr Vater Zwangsarbeiter auf dem Romeshof im Osterbach. Seine Familie durfte er 1942 nur zum Teil nachkommen lassen. Die kleinen Geschwister mussten daheim bei Oma bleiben, da sie noch nicht arbeitsfähig waren. Zofia und ihre Eltern arbeiteten auf dem Romeshof, während ihr Bruder Stanislaus als 5-Jähriger auf dem Armbrusterhof eingesetzt war. Ein erstes Wiedersehen gab es im Herbst 1992, nachdem ein Schriftverkehr mehrfach gescheitert war. Eine Bahnfahrkarte der Familie Vetterer ermöglichte die Reise. Entgegen allen Warnungen und alten Vorurteilen machte sie sich auf den Weg und wurde nicht enttäuscht. Der 3-wöchige Aufenthalt wurde zu einem Beispiel der Aufarbeitung einer schwierigen Vergangenheit und einer Versöhnung hinweg über alle Grenzen.

1939 D02 Plakatpolen

Josefa Krzemien Breslau, 8. 10. 2002 
Ich habe von der Vereinigung "deutsch-polnische Versöhnung" einen Brief, mit der Information, dass sie sich mit dem Schicksal von ehemaligen polnischen Zwangsarbeitern befassen.
Ich war auch eine Zwangsarbeiterin. Ich musste in der Landwirtschaft von 1940 bis 1945 in der Stadt Hausach bei.... (Verf. bekannt) arbeiten, außerdem war ich im Restaurant in der Küche tätig. Ich versuche nun ein paar Antworten auf Ihre Fragen zu geben:
Ich weiß, dass es in Hausach einen Betrieb gab, in dem polnische Zwangsarbeiter beschäftigt waren.
Ich selber hatte keinen Kontakt zu diesen Menschen, weil sie abgeschottet zu der übrigen Gesellschaft lebten. Mein Kontakt mit anderen Zwangsarbeitern beschränkte sich auf sonntägliche Zusammentreffen
während der wenigen Freizeit, die zur Verfügung stand.
Der Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung war nicht schlecht.
Mein Arbeitgeber hat mir erlaubt am gemeinsamen Essenstisch teilzunehmen.
Ich wurde weder geschimpft noch in irgendeiner Weise körperlich misshandelt
und hatte immer genügend zu essen.
Nach der Befreiung wurde ich in eigens eingerichtete Lager in Hausach gebracht,
wo ich dann ein Jahr lang gelebt habe, bevor ich nach Polen zurück konnte.

Michal Deberny1944 - 1945 im Breitenbach (Auszüge aus einem Schreiben) Ich bin geboren im Jahre 1922 in Galizien (Ukraine). Dort bin ich zur Schule gegangen. Mein erlernter Beruf war Schuhmacher. Ich habe aber bei meinem Vater auf dem Bauernhof gearbeitet. Am Anfang des Zweiten Weltkrieges haben wir gehofft, dass die Ukraine von den Deutschen aus der sowjetischen Herrschaft befreit wird. Das ukrainische Militär-Tribunal hat den Befehl ausgegeben, dass alle polnisch stämmigen Einwohner ermordet werden sollten. Ich habe mich in der Stadt Brzezan versteckt gehalten. In dieser Zeit hat sich die deutsche Armee von der Ostfront zurückgezogen. Mein Vater wollte, dass ich nach Hause zurückkehren sollte, weil er der Ansicht war, dass die Deutschen uns in Ruhe lassen würden. Schon am zweiten Tag nach meiner Heimkehr auf den elterlichen Hof wurde ich bei einer Razzia von den deutschen Soldaten gefangen genommen und zusammen mit anderen mit der Bahn nach Deutschland gebracht. Im Zug herrschten unmenschliche Bedingungen. Da waren keine Toiletten, nichts zu essen und nichts zu trinken. Am Offenburger Bahnhof angekommen, wurden wir in Gruppen eingeteilt und von dort nach Hausach zum Arbeitsamt gebracht. Dorthin waren auch Bauern gekommen, die Arbeitskräfte suchten. Ich wurde dem Bauern G. B. im Dorf, 1 km von Hausach zugeteilt. Untergebracht wurde ich in einer Kammer direkt über dem Schweinestall, wo es mangels einer Heizung im Winter sehr kalt war. Einmal im Monat wurde ein Gottesdienst für „Ausländer" abgehalten. In Hausach hinter dem Zaun haben sich „russische Sklaven" befunden, die verhungert sind. In der „Fabrik" in Hausach haben Zwangsarbeiter französischer und italienischer Herkunft gearbeitet, der Kontakt zu ihnen war jedoch verboten. Ich habe auf dem Feld gearbeitet. Da zur Getreideernte z. B. kein Zugtier zur Verfügung stand, musste ich die Ernte auf einem „Schlitten" von Hand nach Hause ziehen. Im Winter haben wir dann Getreide gemahlen. Ich war fleißig, auch der Bauer war mit meiner Arbeitskraft zufrieden. In den Dörfern haben nur Leute aus Polen gearbeitet und in der Stadt meistens Italiener und Franzosen, ganz selten auch Polen. Allgemein haben die Leute auf die Kennzeichnung mit dem Buchstaben „P" (Pole) neutral reagiert. In Hausach gab es fünf Polizisten. Ich wurde von einem Polizisten geschlagen. Der Grund war, dass beim Dreschen mein Dreschflegel kaputt gegangen war. Abends ist ein Polizist namens ... (Name bek.) gekommen und hat mich mitgenommen und nach Hausach gebracht. Dort hat man mich in eine Kammer gesperrt. Dann sind zwei weitere Polizisten gekommen und haben mich mit ihren Knüppeln niedergeprügelt, vor Angst und Schmerzen habe ich in die Hose gemacht. Nach Kriegsende wurden alle Zwangsarbeiter nach Offenburg gebracht in ein Lager. Ich war dort bis Dezember 1945. Dann konnte ich nach Hause fahren.

Text: Bernd Schmid
Zeitdokumente: Gruppe "Wider das Vergessen"