Der revolutionäre Volksverein zählt 85 Mitglieder

Rudolf Streit, Hauptbeteiligter des örtlichen Aufstands


Als die dem badischen Großherzog von Baden zu Hilfe eilenden preußischen Truppen am 22. Juli 1849 auch in Hausach einmarschierten, mussten die Revolutionäre unter der Burg endgültig die Fahne der Freiheit niederholen und den Traum von der deutschen Republik begraben. Die Preußen konnten die Rädelsführer der Revoluzzer schnell ausfindig machen, um sie dann kurzerhand ins Gefängnis nach Freiburg abzutransportieren. Zum Kreise der Inhaftierten gehörte auch Rudolf Streit.

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Der aus dieser Ehe hervorgegangene Sohn Josephus, ebenfalls Nagelschmied, ehelichte 1823 Luitgart Lorenz. Ihnen wurde am 14. April 1824 der Sohn Rudolf geboren. Rudolf Streit ging am 20. September 1847 mit Friederike Harter aus Wolfach die Ehe ein. Sie war die Tochter eines begüterten Schiffers. Der Heiratsurkunde ist zu entnehmen, dass der junge Ehemann den Beruf eines Rotgerbers erlernt hatte.

Gleichzeitig kaufte er im Unterstädtchen an der Hauptstraße Nr. 61/63 (heute "Burgschänke") das Anwesen des einstigen Bürgermeisters Joachim Sattler, um sich fortan als »Handelsmann« zu betätigen. Als Mitglied des Hausacher Stadtrates fühlte er sich den freiheitlich-demokratischen Kreisen verbunden, die sich gegen die herrschende Fürstenherrschaft wändte.

Es lohnt diese Persönlichkeit etwas näher zu betrachten, damit man erfährt, was sich hinter dem Namen Rudolf Streit verbirgt. Sein Großvater, der Nagelschmied Lazarus Stritt, wanderte, von Bonndorf kommend, nach Hausach ein. Dort heiratete er die Tochter des Nagelschmieds, Catharina, und übernahm das Geschäft von deren Vater. Die Nagelschmiede stand in der Schlossstraße beim Haus Nr. 11

Deshalb steht er 1848/49 in der vordersten Linie der Hausacher Revoluzzer. Als im März 1849 im Hause des Schwertwirts Josef Hils der 85 Mitglieder umfassende revolutionäre »Volksverein« gegründet wurde, gehörte Streit nicht nur dem Vorstand an, er übernahm auch den Posten des Schriftführers. Ja, man sah in ihm auch den »Wortführer« der Revolutionäre, die in Hausach sich immer mehr gegen den großherzoglich gesinnten Bürgermeister Johann Georg Waidele auflehnten.

Dieser wich dem Druck und trat am 15. Mai 1849 von seinem Amte zurück. Nach mündlicher Überlieferung soll er sogar um sein Leben gebangt und deshalb im Hauserbach, im Reutengrund, der Heimat seiner Frau, Zuflucht gesucht haben. Ihm folgte alsbald Rudolf Streit als neuer Bürgermeister nach. Doch seine Amtstage waren gezählt, da die Revolution im badischen Lande mit der Streitmacht der Preußen unterdrückt wurde. Noch vor dem Einmarsch der preußischen Truppen in Hausach musste er am 10. Juli 1849 die Amtskette wieder ablegen, verdrängte man ihn vom Rathaus. Alsbald nahm der loyale Bürgermeister Waidele wieder seine Geschäfte an der Spitze der Stadtgemeinde auf.

Dagegen ging es dem Rudolf Streit, dem »Hecker von Husen«, wie man ihn wohl wegen seines begeisterten und energischen Eintretens für die Ideale der Revolution der Freiheit nennen darf, an den Kragen. Mit vielen Hausacher Gesinnungsgenossen wurde er vor Gericht gestellt. Als »Hauptbeteiligter des Aufstandes« verurteilte ihn das Bruchsaler Hofgericht nach seiner am 31. Juli 1849 in Freiburg begonnenen Untersuchungshaft zu sechs Monaten Zuchthaus. Auf eine Eingabe hin erklärte ihn das Oberhofgericht Mannheim für »klagfrei«, hob also das Urteil auf.

So konnte er wieder als Kaufmann sein Geschäft weiter betreiben, dessen Tradition in direkter Linie über Berthold, Hugo und Edgar Streit, dem Senior des Büromarktes Streit, getragen wird. Der Revolutionär musste jedoch noch in jungen Jahren am 9. September 1854 aus dieser Welt scheiden, beweint von seiner Frau und drei Kindern.

Text/Bild: Kurt Klein
Digitalisiierung: Bernd Schmid