Gründungsjahr des Sägewerks Streit
Ein Sägewerk mit über 400 - jährigem Bestand
Das heutige Sägewerk Streit entwickelte sich an der infrastrukturell richtigen Stelle, westlich der Stadt, an der für den Holztransport breiten Landstraße. Der alten Bischoffschen Chronik ist zu entnehmen, dass schon im Jahre 1601 an diesem Platz eine Öltrotte und Säge betrieben wurde. 1778 ist diese Sägemühle auf einer alten Gemarkungskarte eingezeichnet.
Laut Stadtratsprotokoll vom 17.1.1799 will der damalige Sägebesitzer Remigius Schmid und dessen Ehefrau Maria Anna Waidele zusätzlich eine Ölmühle bauen. Von 1836 bis 1857 betreibt deren Tochter Maria Anna mit Ehemann Moritz Lehmann die Sägemühle, die sie dann mit zusätzlicher „Stampfe und Tuchwalke“ samt Wasserrechten zum Preis von 3300 Gulden an Jakob Ecker verkauften.
Am 6.3.1862 beginnt die Entwicklung des Sägewerks Streit. Handelsmann Richard Streit, der 1859 schon das Anwesen zur „goldenen Krone“ zum Preis von 5475 Gulden erworben hatte, kaufte zusätzlich das Sägewerk des Jakob Ecker zum Preis von 4100 Gulden. Umgehend wird eine Mahlmühle angeschlossen, sowie die auf dem Bild ersichtliche Holz- und Wagenremise zum Holztransport erstellt. 1868 trennt sich Richard Streit wieder von der „Krone“. Er verkauft sie komplett zum Preis von 6700 Gulden an Luis Hauser, einen Bäckermeister aus Achern. Der dort begonnene Handel wurde in das Sägewerk der Streits integriert.
Wichtig war für das Unternehmen der Zufluss des Mühlenbachs (Gewerbekanal), der sich an der heutigen neuen Bahnunterführung Richtung Fischerbach aufteilte: Der Schänzlebach führte, südlich des Bahndammes über den Holzplatz, vorbei am Bürogebäude des Sägewerks bevor er mit einer Röhre durch den Bahnkörper zu den Schänzlematten geleitet wurde. Der Mühlenbach führte direkt von der Lohmühle (Li. neben dem Gebäude der Schlosserei Stehle) zum Sägewerk.
Westlich des Sägewerks wurde das Wasser des Mühlenbachs in ein Schwimmbecken geleitet. Von dort floss das Gewässer weiter zur Neumattenstellfalle, dem „Rossgumpen“, nördlich des Bahndamms neben dem Bahnwärterhaus Kech. Die Hausacher Fuhrleute Dorner, Allgaier und Maurer aber auch die Sägewerker selbst konnten dort, noch heute ersichtlich die Stauhöhe mit Balken regulieren, damit sie ihre Pferde im „Gumpen“ waschen konnten.
Da das Wassergefälle insgesamt sehr gering war, wurde bei strenger Kälte der „Steisprenger-Karle“ Schmieder aus der nahe gelegenen Werkstatt am Dietersbachsweg gerufen, der die wachsenden Eisschollen rechtzeitig sprengen musste, damit der Rückstau keinen Schaden anrichtete.
Am 25.1.1893 übernahm Sohn Karl Streit das Sägewerk und betrieb zusätzlich ab 1900 einen Baustoffhandel. Dennoch brachte die Jahrhundertwende nicht die unmittelbar erwartete Entwicklung: Ein Brand zerstörte weitgehend das Sägewerk, die Kunstmühle und das Wohnhaus. Dennoch entwickelte sich das Sägewerk.
Per Inserat im „Kinzigtäler“ dankte Karl Streit den Hausachern für ihre Hilfe bei der Brandkatastrophe. Gleichzeitig kündigt er den Wiederaufbau des Werkes an. Günstig war der technische Neubeginn, der mit der Jahrhundertwende zunehmend sichtbar wurde und vor allem der Industrialisierung ungeahnte Türen öffnete: Mit der Stromerzeugung aus Wasserkraft änderte sich auch die Hausacher industrielle Entwicklung revolutionär. So wurde dem Sägewerk schon 1901 die wasserrechtliche Genehmigung zur Erstellung einer Turbinenanlage erteilt, die 1927 durch eine 28 PS starke Francis-Schachtturbine, 1937 durch eine 45 PS starke Turbine ersetzt wurde. Die technische Entwicklung bis hin zur heutigen digitalen Steuerung moderner Sägewerke war um die Mitte des 20. Jahrhunderts dennoch unvorstellbar.
Firmengründer Richard Streit (* 1828 +1893), mit der damaligen Berufsbezeichnung „Sägemüller“, legte mit seiner vermögenden Ehefrau Pauline Fritsch aus Kenzingen den Grundstein für die erfolgreiche Entwicklung des bis heute sehr erfolgreichen mittelständischen Betriebs. Weitergeführt wurde das Unternehmen von Sohn Karl Streit (*1858+1931) und dessen Ehefrau Josefine Maier aus Freiburg. Sohn Richard Streit (*1898 + 1959) heiratete 1924 Maria Schulze – Bertelsbeck. In der Generation der Urenkel leitete Ingrid Henne-Streit (*1928+2001) das traditionelle über 400 Jahre alte Sägewerk mit Geschick bezüglich der notwendigen Umsiedlung, gleichzeitig mit der Offenheit für neue Produkte und den Möglichkeiten der technischen Innovation ihres Sägewerks.
1984 siedelte das Sägewerk von seinem innerörtlichen Standort um in das Industriegebiet Hausach – Hechtsberg, wo es von Klaus Henne als geschäftsführendem Gesellschafter geleitet wird. Das Unternehmen verarbeitet heute eine Einschnittmenge von 400 000 fm und bietet damit der Raumschaft 90 feste Arbeitsplätze, vor allem aber auch der waldreichen Region der Täler des Mittleren Schwarzwaldes, den Landwirten und Gemeinden die Möglichkeit einer wirtschaftlich angemessenen stetig nachhaltigen forstlichen Entwicklung.
Text: Bernd Schmid, Quellen: Städt.Museum/Archiv mit vielen Informationen im Gespräch mit Heinrich Ecker, ehem. Prokurist des Sägewerks