Heeresberichte des Senders "Beromünster" verboten
Gestapo stellte Strafantrag wegen eines "Rundfunkverbrechens"
Hausacher Mutter von 4 Kindern wurde mit Zuchthaus bestraft
Dass ausgerechnet im abgelegenen Schwarzwaldstädtchen Hausach eine Mutter von 4 kleinen Kindern sich eines Vergehens mit der Bezeichnung "Rundfunkverbrechen" schuldig gemacht haben soll, ist aus heutiger Sicht nur schwer zu verstehen.
Dennoch wurde "im Namen des Deutschen Volkes" gegen eine junge Hausacherin ein sehr strenges Urteil gesprochen und vollstreckt. Die Verhaftung der Mutter durch die Gestapo geschah in Anwesenheit ihrer 4 Kinder. Der Vater und Ehemann war zur gleichen Zeit als Wehrmachtssoldat im Kriegseinsatz. ( Die Gerichtsakte ist im Bestand des Landesarchivs BW/Staatsarchiv Frbg. )
Der "Großdeutsche Rundfunk" (Bezeichnung nach Josef Goebbels) strahlte zu Kriegszeiten über den "Volksempfänger" nur noch zwei Programme aus, die der "Volksaufklärung" und Kriegs-Propaganda dienten.
In Hausach wurde der Reichssender Stuttgart über den Nebensender Freiburg (MW 1294 kHz) empfangen. Verbotene Radiostationen wurden als "Feindsender" bezeichnet, denn sie dienten der "Wehrkraftzersetzung" deutscher Soldaten an der Front. Die bekanntesten Feindsender waren "Radio Vatikan, ein britischer Sender in deutscher Sprache und der schweizerische Sender "Beromünster". Radioempfänger konnten umgebaut werden, so dass eben auch der nächste Feindsender erreicht werden konnte.
Am 30. April 1943 wird "im Namen des Deutschen Volkes" ein Urteil gegen eine 35-jährige Hausacherin rechtskräftig, die sich des "Abhörens und Verbreitens ausländischer Rundfunknachrichten" schuldig gemacht hatte. Als Köchin der Wehrküche der Mannesmann AG im Gasthaus "Krone" war ihr ein elsässischer Kriegsgefangener als Küchenhilfe zugeteilt. Daher war es leicht, sie im gleichen Gerichtsverfahren zusätzlich des "verbotenen Umgangs" mit Kriegsgefangenen anzuklagen.
Die Gesamtstrafe wurde auf "zwei Jahre und 6 Monate Zuchthaus" festgesetzt. Die bürgerlichen Ehrenrechte wurden der Angeklagten auf die Dauer von 3 Jahren aberkannt, ebenso hatte sie die Kosten des "Sondergerichts beim Landgericht Freiburg" zu tragen.
In der Urteilsbegründung fiel "strafschärfend" ins Gewicht, dass die Angeklagte Ehefrau eines deutschen Soldaten und Mutter von 4 Kindern 10, 8, 6 Jahre und 11 Wochen sei.
Zitat aus der Urteilsbegründung: "Gerade während ihrer letzten Schwangerschaft hätte ihr die Schamlosigkeit ihres Verhaltens zum Bewusstsein kommen müssen. Sie hätte durch die bisherigen Warnungen in Presse und Propaganda genügend abgeschreckt sein können. Die Gefahr derartigen Umgangs ist für die Sicherheit des Reichs nicht zu unterschätzen. Wenn auch nicht feststeht, dass NN (Name des französischen Gefangenen) mit Hilfe der Angeklagten geflohen ist, so lag doch die Möglichkeit einer derartigen Unterstützung nahe. Was das Abhören und Verbreiten der Rundfunknachrichten anlangt, so hätte sich die Angeklagte sagen müssen, dass gerade einem Elsässer gegenüber ihr Verhalten ein denkbar schlechtes Beispiel war. Die kritische Lage im Winter 1942/1943 erforderte erhöhte Selbstdisziplin der Heimat. Die Angeklagte durfte nicht ihre Beherrschung und ihre Zuversicht dadurch untergraben, dass sie die Lügenpropaganda der Feinde zur Grundlage ihrer Unterrichtung machte."
Die Nachkommen der damals Verurteilten leben in Hausach. Sie warten bis heute vergeblich auf die Rehabilitierung der zwischenzeitlich verstorbenen Mutter und Großmutter.
Text/Bild/Digit. Bearb. : Bernd Schmid