Volkszählung
Zermürbt, aber voller Hoffnung
Evakuierte und Kriegsgefangene kehrten heim, Vertriebene kamen. Nach einer im Oktober 1946 durchgeführten Volkszählung umfasste Hausach 2381 und Einbach 712 Einwohner (1939: Hausach 2236, Ew. - Einbach 708 Ew.). Zu Beginn des Jahres weilten noch 106 Evakuierte aus den zerbombten Großstädten und aus grenznahen Gebieten in der Stadt. Vor der Türe aber standen bereits die Vertriebenen aus dem Osten, die zur Aufnahme zugewiesen werden sollten.
Durch Kriegseinwirkungen waren noch 20 Wohnungen total zerstört. Dazu kam der von der Besatzungsmacht beanspruchte Wohnraum: In Hausach herrschte große Wohnungsnot! Zunächst wurden die Evakuierten aufgefordert, in ihre Heimat zurückzukehren. Wer gesetzte Termine nicht einhielt, bekam keine Lebensmittelkarten mehr und wer nach Hausach wollte, musste zunächst eine "Zuzugsgenehmigung" vorweisen.
Eine örtliche Wohnungskommission überwachte den Wohnungsmarkt. Für Wohnungssuchende wurde eine Wohnungsliste angelegt. Als die Stadt 265 Ostflüchtlinge zugewiesen bekam, appellierte Bürgermeister Heizmann erfolglos an die Behörden, da bereits eine Erhöhung der Besatzungskräfte um 200 bis 300 Soldaten vorgesehen war. Dazu hieß es: "Die Ansprüche der Besatzungsmacht sind in erster Linie zu berücksichtigen".
Zur Aufnahme der Flüchtlinge wurde auch die Schloßberg-Kegelbahn hergerichtet und in Gasthäusern Platz geschaffen. Nur mit wenigen Habseligkeiten kamen die Vertriebenen, meist aus Ostpreußen und Schlesien, in Hausach an. Sie brachten ihre Arbeitskraft und den eisernen Willen zum Wiederaufbau mit! Für ihre Belange sollte ein Beauftragter für Umsiedlung sorgen.
Eine unter der Bevölkerung durchgeführte Sammlung von Haushaltsgegenständen war nur ein Tropfen auf den heißen Stein für die völlig mittellosen Neuankömmlinge. Erst später konnten Neubauten (z.B. im Gewann Kreuzäcker oder beim Hechtsberg) für sie errichtet werden.
Belastend wirkte sich auch der "Erlass zur Entnazifizierung" aus. Zunächst sah die Besatzungsmacht aufgrund der These von der Kollektivschuld in jedem Deutschen auch einen Nazi oder NS-Mitläufer. Auch in Hausach und Einbach wurde ein "Ausschuss zur Entnazifizierung aus nicht belasteten Bürgern" gebildet. Vor ihm mussten diejenigen erscheinen, die früher das Parteiabzeichen trugen. Zuvor mussten Fragebogen ausgefüllt und Entlastungsbeweise vorgelegt werden. "Persilschein" nannten die Bürger den Nachweis für keine oder unbedeutende Beteiligung im NS-Regime. Im August wurde ehemaligen Parteigenossen das Wahlrecht entzogen.
Beamte wurden zusätzlich von ihren Instanzen entnazifiziert oder entsprechend bestraft mit Entlassung, mit Kürzung der Pension, Rückstufung um Gehaltsstufen, mit Bewährung oder Versetzung,
Die Schulen hatten ihre Pforten geöffnet, doch durch die "Entnazifizierung" herrschte großer Lehrermangel. Auch fehlte es an Lehr- und Lernmitteln, da die meisten Bücher (auch Landkarten) wegen ihrer nationalsozialistischen Tendenzen vernichtet werden mussten. Ein besonderer französischer »Schuloffizier« überwachte streng die Anordnungen der Besatzungsmacht. Für unsere Region war dafür ein Herr Mattlinger aus dem Elsass zuständig..
Das Vereinsleben war zum Erliegen gekommen. Nur zaghaft ließ man die Gründung von demokratisch ausgerichteten Parteien oder Vereinigungen zunächst im kirchlichen Raum zu.
Letztlich war das Jahr 1946 von den Problemen des Neubeginns und dem ungewohnten Umgang mit neuen freiheitlich-demokratischen Lebensformen geprägt. Das Hungerjahr 1947 stand vor der Tür.
Bis zum Jahresende durften 220 Hausacher zermürbt, aber doch voller Hoffnung, aus der Kriegsgefangenschaft heimkehren.
Text: Kurt Klein Bild: Städt. Museum
Digit. Bernd Schmid