Kriegsdienst geht vor
Marschbefehl sprengt eine Hochzeitsfeier
Die Braut lebt bis zu ihrem Tod in der Hoffnung auf Rückkehr
Das Hausacher Mädchen Anna L. war damals gerade 13 Jahre, als zur Freude seiner 10 Geschwister und einer sehr großen Verwandtschaft der Hochzeits- termin der ältesten Schwester auf den 29. April festgelegt werden konnte. War es schon schwer genug, für den Bräutigam zu diesem besonderen Anlass Heimaturlaub zu bekommen, so war vorher von der Familie das Aufgebot und die öffentliche Bekanntgabe zu organisieren. Auch ein Polterabend war vorgesehen, die Schulkameraden sollten am Glück in schwerer Zeit teilhaben. Selbst der Gesangverein war zu diesem besonderen Ereignis eingeladen, schließlich konnten sich alle auf eine bestens vorbereitete Hochzeit freuen.
Doch es kam alles anders: Anna erinnerte sich 60 Jahre später noch sehr genau an den Tele- grammzusteller, der dem Brautpaar eine unfassbare Hiobsbotschaft überbrachte: " Sofort zurück zur Einheit ! " Das war ein unmissverständlicher Marschbefehl, der keinen Aufschub duldete und den Heimaturlaub des Bräutigams beendete. Groß war die Ratlosigkeit der ganzen Familie.
Alle halfen zusammen: Der Postbeamte übergab den Marschbefehl erst am nachfolgenden Tag, Pfarrer Brunner war bereit, die kirchliche Hochzeitsfeier um einige Stunden vorzuverlegen, die geladenen Hochzeitsgäste mussten per Kurier von dem geänderten Termin in Kenntnis gesetzt werden. Schließlich wanderte ein Bruder der Braut noch spätabends in den Neuenbach, damit die Kutsche für das Hochzeitspaar auch schon in den Morgenstunden zur Verfügung gestellt werden konnte.
"Die Hochzeitsfeier als kirchliche Trauung mit vorheriger Kutschfahrt des Brautpaares nahm ihren Verlauf. Nach einem kleinen Imbiss musste sich das Brautpaar schweren Herzens verabschieden, denn der Schnellzug nach Straßburg zur Einheit musste noch erreicht werden. Es war ein tränenreicher Abschied, zumindest kann ich mich noch an meine Tränen zu Hause erinnern. Dieser Hochzeitsverlauf passte überhaupt nicht in meine Mädchenträume", berichtete Anna. Die Hochzeitsgesellschaft wartete auf die Rückkehr der jungvermählten Braut, um sie zu trösten.
Nach einem dreiwöchigen Weihnachtsurlaub wurde der Bräutigam nach Russland verlegt. Die Ehe wurde per Feldpost weiter geführt. Das letzte Lebenszeichen erhielt die junge Braut im August 1944. Ihre Nachricht "Stammhalter angekommen" blieb unbeanwortet. Sie lebte mit ihrem Sohn, wie so viele, bis zu ihrem Tod in der Hoffnung auf Rückkehr des vermissten Bräutigams.
Text: Bernd Schmid Quelle/Foto: Anna Baumann