Bauernhöfe
Von der Abhängigkeit bis zu globalisierten Märkten
Es ist anzunehmen, dass die eigentliche Besiedlung des waldigen Gebirges östlich des Oberrheingraben relativ spät erfolg- te. Zwischen den beachtlichen Erhebungen des heutigen Brandenkopfes (932 m) und des Farrenkopfes (789 m) gehören Steilhänge und Täler zum tektonischen Relief unserer Landschaft südlich der Hornisgrinde (1164 m), nördlich des Kandel (1 241 m) und des Feldberges (1 493 m).
Wie eine Furche durchschneidet die Kinzig das Haupttal, das den Nord-Süd Gebirgsstrang teilt. Das mittlere Kinzigtal erwies sich potentiellen Siedlern als einfacher Durch- und Zugang zu der sanft abfallenden östlichen Grenze des Schwarzwaldes und war somit für weltliche und geistliche Grundherren strategisch und wirtschaftlich bedeutsam.
Sie verliehen bewaldete Flächen an leibeigene Lehnsbauern, die zunächst nur für Haus und Garten rodeten. Die so in Erbleihe entstandenen Hofgüter gingen bis ins 19. Jh. stufenweise in bäuerliches Eigentum über.
Die eigentliche landwirtschaftliche Nutzung der gerodeten Flächen erforderte Ausdauer und die Geduld ungezählter bäuerlicher Generationen. An den steilen Hängen des Einbach- und Hauserbachtales, noch mehr im Gechbach, der Frohnau, dem Sulzbach und im Adlersbach waren in den Gründerjahren zuerst Reutfelder, die "Rütinen" und der "Ribbosch" abzubrennen, eine dünne Bodenschicht zu lockern, bevor die erste Roggensaat ausgebracht werden konnte. Nach spätestens 2 Jahren waren die Böden ausgelaugt und dienten über Jahre bestenfalls als kärgliche Viehweide. Das Dickicht wurde erneut abgebrannt. Die so vorhandene Asche düngte das nachfolgende Reutfeld, das sich in späteren Zeiten noch in brauchbares Ackerland und Wiesen verwandeln ließ.
Über viele Jahrhunderte erstreckten sich so die Übergange von der "Jäger-, Sammler- und Ackerbau-Kultur" zu Lebensformen der Nutzung menschlich geistiger Ressourcen und der Vielfalt handwerklicher Produktion. Der Abbau natürlicher Rohstoffe in den Seitentälern der Kinzig begründete schließlich sehr zaghaft den Handel und die industrielle Verarbeitung vorhandener Rohstoffe.
Der sich daraus ergebende Warenaustausch über Handelswege erforderte Schutz durch Befestigungen und Burgen, den eine besitzende "Oberschicht" (Adel/Klerus) gegen Zölle gewährte.
Entsprechend der Machtverhältnisse festigte sich die hierarchische mittelalterliche Gesell- schaftsordnung auf der untersten Ebene: Hörige und abhängige Bauern (Hintersassen) erhielten Land zur Bearbeitung und Schutz gegen Naturalabgaben und Arbeitsdienste.
Bis hin zur Mitte des 20. Jahrhunderts zeichnete sich zunehmend die wichtige Bedeutung der Höfe als Versorger der Städte mit landwirtschaftlichen Produkten und Lebensmitteln ab.
Während der häufigen kriegerischen Auseinandersetzungen der europäischen Großmächte war das Kinzigtal als militärischer Transport- und Nachschubweg fast immer strategisch bedeutsam. Das jeweilig durchziehende Militär ließ sich von der "Land- schaft", also von den Höfen in ihrer Funktion als Fleisch- und Broterzeuger versorgen.
In Nachkriegszeiten waren die Kinzigtäler Bauernhöfe gleichermaßen Zufluchtsort für ausgehungerte Stadtbewohner und rückfließende Militäreinheiten. Schließlich weckte der Anblick eines Hofes in der Talschaft Hoffnung auf Unterkunft und Versorgung mit Nahrungsmitteln.
Im aktuellen Zeitalter der Globalisierung der Märkte erfordert die Bewirtschaftung der eher steilen Hanglagen durch die Bauernhöfe ein deutliches Umdenken der Landwirte und der politisch Verantwortlichen.
In einem beachtenswerten Interview, veröffentlicht im OT v. 14.03.14, benennt der Hofbesitzer des Spänlehofes im Hauserbach, Ludwig Harter, die zentralen Aufgabenbereiche in den Hausacher Seitentälern:
Es sei vor allem die Bereitschaft künftiger Hofbesitzer noch offene Flächen auch weiterhin offen zu halten. Eine dichtere Besiedlung der Täler sorge für eine "Mindestoffenhaltung" bei gleichzeitiger Erhaltung der "Erholungslandschaft". Bis heute werden Flächenansprüche in den Tallagen zur Verbesserung der städtischen Infrastruktur geltend gemacht.
Die überwiegende Nebenerwerbslandwirtschaft sei durch Kooperationsformen der Betriebe, wie Weidegemeinschaften oder gemeinsamen Stallbau oder durch gemeinsame Aufforstung steiler "Ungunstlagen" weniger arbeitsintensiv zu gestalten.
Großzügigere baurechtliche Bestimmungen könnten die Umnutzung vorhandener Bausubstanz fördern und die typische ländliche Lebensform der "Mehr- und Generationenfamilien" auf den Höfen stärken. Dringend notwendige Einkommens- möglichkeiten der Landwirtschaft könnten so neu erschlossen oder gefestigt werden.
Eine Minimierung der Ausweitung des Flächenverbrauchs durch Neubaugebiete und die Verkehrsinfrastruktur in "ebenen" Bereichen und damit die Erhaltung maschinell bewirtschaftbarer Flächen für die Vorsorge mit Winterfutter sei auch im Sinne einer nachhaltigen städtischen Entwicklung in Hausach wünschenswert und machbar.
Der Hausacher Lehrer Wilhelm Heim erwarb sich um die Erforschung der historischen Entwicklung und Darstellung der 73 örtlichen Bauernhöfe besondere Verdienste. "Hausach Chronik online" würdigt seine Arbeit durch die alphabetische und fotografische Darstellung aller Hofgüter, deren noch nachweisbarer Entstehungszeit im Kontext ortsgeschichtlicher Fakten, als Zuordnung in der senkrechten Jahresleiste.
Die Hofgüter auf der Gemarkung der Stadt und der ehemaligen Talschaft Einbach:
Armbrusterhof (7), Auf der Gum (19), Basilishof (63), Bächlishof (66), Benzenhof (46), Benzenhof/Frohnau (67), Borohenhof (58), Breithauptenhof (10), Bühlhof (73), Christbauernhof (3), Deckerhof Hauserb. (47), Deckerhof (30), Döbishof (6), Erletz (13), Fidelishof/Kaiserhof (48), Fuggishof (61), Geigerhof (44), Gräbleshof (65), Grieshaberhof, S`Walters; Gut Hechtsberg (37), Gutmannshof (15), Hagenbuch (70), Hansmannshof (57), Hermeshof (31), Hinterbenzenhof (28), Hirschwirt (14), Hohlengrund (21), Isidorenhof/Spänle (51), Jorchenhof (29), Käppellehof (12), Klausmannshof (49), Kuretsbauernhof (33), Der "Kutzbe" (Kurzbach)- Bauernhof (53), Lachenbauernhof (24), Lehmannshof (55), Limbacherhof (45) Martinshof (36), Mathesenhof (41), Meyerhof (Gut Hechtsberg), Mittlerer Hof im Adlersbach, Mühle (2), Neumaier Paul (59), Nockenhof (60), Oberer Hof im Adlersbach, Philippenhof (17), Ramsteinerhof (5), Rasihof (27), Reutebauernhof (50), Romeshof (8), Roßbergerhof (69), Schillingerhof (32), Schmidershof (35), Schmidershof/Unterer Kurzbach (52), Schmidershof/Hauserbach (56), Simlishof/Frohnau (64), Simleshof (9), Spänlehof (25), Stampferhof (26), Stulzlehof (42), St Uhlhof (18), Theodorshof/Romanshof (54) , Uhlhof/Sulzb. (38), Unterer Hof Adlersbach, Unterer Hof (62), Vetterhof (34), Vollmerhof (11), Vorderbauernhof (1), Vorderbenzenhof (22), Vordersbergerhof (68), Winterleshof (43),Wintermaxenhof (71), Faißtenhof (72).
Text: Bernd Schmid
Literatur:
Brückner, Hans; Die Entwicklung der Wälder des Schwarzwaldes durch die Nutzung vergangener Jahrhunderte. In: Der Schwarzwald , Beiträge zur Landeskunde, Alemannisches Institut Freiburg, Nr. 47, 1980